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23.01.2014

Die ersten 100 Tage des Siebten Himmels

Bastei Lübbe Vorstand Klaus Kluge zieht im Interview eine erste Bilanz

100 Tage Siebter Himmel, Zeit für eine erste Bilanz. Wie sind die ersten Monate verlaufen?

100 Tage – und jeden Tag einhundert neue Erfahrungen. Was natürlich in erster Linie daran liegt, dass wir, als reine Verlagsmenschen, uns auf unbekanntes Terrain vorgewagt haben: Das des stationären Buchhändlers, der sich als Geschenkspezialist versteht. Erste Zwischenbilanz in einem Satz: Die hochgesteckten Erwartungen konnten in weiten Teilen erfüllt werden.


Wie war das Weihnachtsgeschäft?

In Zahlen: Mehr als doppelt so stark als die 2 ½ vorangegangenen Monate. Speziell die Samstage waren so, dass auch der nüchterne Rechner als Fazit ziehen kann: Überlebensfähig nach kurzer Zeit. Emotional ausgedrückt: Die Kunden mögen uns, sie mögen den Laden, sie mögen insbesondere das, was dort angeboten wird, die Form der Präsentation, das Außergewöhnliche, die fachkundige Beratung.

Sie haben den Vergleich zu anderen und großen Buchhandlungen. Was sucht der Kunde gerade speziell im Siebten Himmel?

Er sucht eindeutig das, was er anderswo in dieser Form so konzentriert nicht angeboten bekommt. Mit anderen Worten: gesetzte Bestseller, die eigenen nicht ausgenommen, tun sich hier sehr schwer. Stapelpräsentation, so sie denn überhaupt stattfindet, wird so gut wie nicht wahrgenommen. Die Spiegel-Bestseller-Liste spielt so gut wie keine Rolle, zumal sie auch nicht als solche präsentiert wird. Es sind die besonderen Themen, die ungewöhnlichen Bücher, die kleinen Verlage und die nicht allenthalben präsentierten Geschenkartikel, die hier großen Zuspruch finden.

Wie wurden Sie von der Nachbarschaft im Belgischen Viertel aufgenommen?

Es scheint, als habe man sich auf uns gefreut. Dass eine Buchhandlung in diesem lebendigen, dem Neuen aufgeschlossenen und durchaus auch kaufkräftigen Viertel, das geprägt ist von kleinen Designer-Läden, Galerien und Mode-Couturiers, bislang fehlte, wird uns von vielen Kunden, die sich mittlerweile zu Stammkunden gemausert haben, bestätigt. Dieses Viertel lebt von der Nachbarschaft, lebt von der Mundpropaganda, dem einander Empfehlen. Und das ist gut so und wichtig, denn in einer B- oder sogar C-Lage, wie der des Siebten Himmels, geht es ohne persönliche Empfehlungen, dem gezielten Aufsuchen nicht.

Kann man sagen, was sich aus den vielen verschiedenen Produktschienen proportional am Besten verkauft?

Der Anteil zwischen Buch und Non-Book/Geschenkartikeln liegt absolut im Plan: 52% Buch, 48% Non-Book. Bei den Büchern haben wir ein klares Ranking, was Themen und Verlage betrifft: Es dominiert die Literatur mit annähernd 43%, gefolgt von Spannungsunterhaltung mit 23%; weit abgeschlagen sind Historische Romane und das, was wir klassische Frauenunterhaltung nennen. Schauen wir uns das Sachbuch an, so dominieren hier klar die Themen Design, Biografien, Geschichte und Politik und auch das Kochbuch, wiewohl nur in sehr ausgewählten Titeln präsentiert.

Ein weitere wichtige Rolle spielt das Kinderbuch, das am Gesamtumsatz 20% ausmacht und auch hier eher die unbekannten Liebhaberverlage und weniger der Mainstream. Auf Platz 1 im Bereich der Buchverlage rangiert Bastei Lübbe mit einem Umsatzanteil von gut 8% - das entspricht in etwa auch dem generellen Marktanteil. Gefolgt von den Fischer-Verlagen und DuMont. Weit vorn dann Verlage wie Hermann Schmidt aus Mainz. Im Bereich der Geschenkartikel dominiert klar das Angebot von Räder mit gut 30%, aber auch kleinere kreative Firmen wie Koloni Stockholm, Frohstoff, Nuuna oder Good old Friends haben durchaus ansehnliche Umsätze - wie auch junge Designer, die im Siebten Himmel erstmals ihre Produkte fern des eigenen Ateliers anbieten: Papierarbeiten von Julia Fröhlich, Mode aus Hamburg von HP Reuker, Seidentücher aus Lyon von Sébastien Chirpaz.

Welches ist das oft verkaufte Produkt, das Sie persönlich am meisten überrascht?

Gemessen am Gesamtabsatz ist das Buch von Turit Fröbe „Die Kunst der Bausünde“, erschienen bei Quadriga, mit 47 Exemplaren der absolute Bestseller. Passt aber auch gut zu Köln. Eindeutiger Renner ist das „Eselsohren-Buch“ des DuMont Verlages mit 164 verkauften Exemplaren. Ebenfalls als Bestseller erwiesen hat sich Tim Burton mit seinen drei bei Quadriga erschienenen Büchern – was viel über die Käuferklientel im Belgischen Viertel aussagt.

Und welchem Produkt hätten Sie mehr Nachfrage gewünscht?

Überrascht hat mich schon, dass die Titel unseres Hauses, die die Jahresbestseller-Listen anführen, so gut wie überhaupt keine Nachfrage hatten – sei es „Inferno“ von Dan Brown, „GREG 8“, Timur Vermes „Er ist wieder da“ oder auch der jüngst erschienene Thriller „Noah“ von Sebastian Fitzek. Was zeigt, dass die Nachfrage nach diesen „sicheren Titeln“ offensichtlich anderswo gestillt wird.

Können Sie schon ein Bild des typischen Siebten-Himmel-Kunden zeichnen?

Sie kommen meist zu zweit oder auch zu dritt, gerne mit einem Kind im Arm oder an der Hand. Sie kommen aus der Nachbarschaft oder aus dem erweiterten Freundeskreis. Sie haben gehört, dass es jetzt etwas Besonderes im Viertel gibt, was in der Form anderswo so nicht anzutreffen ist. Sie bringen viel Zeit mit, stöbern gerne und lassen sich inspirieren. Sie sind interessiert an Neuem, an Ungewöhnlichem, und lassen sich gerne verführen. Sie vermissen die Spiegel-Bestseller-Liste ganz offensichtlich nicht und orientieren sich dafür an den persönlichen Empfehlungen unserer Buchhändlerinnen. Sie kaufen oft, aber nicht immer; wenn sie gehen, sagen sie, dass sie wiederkommen werden, weil sie hier etwas Besonderes gefunden haben, was zum Wiederkommen einlädt.

Seit September ist der Siebte Himmel die exklusive Adresse in Köln für die außergewöhnlichen Kleiderkollektionen des finnischen Kultlabels marimekko. Wie kam diese Zusammenarbeit zustande?

Wie so oft im Leben: der gute persönliche Kontakt, in diesem Fall von Maja Kuss, der Geschäftsführerin des Siebten Himmels, zu der Marketing-Chefin von marimekko. People‘s-Business auch in der Mode-Szene.

Wie ist die erste Resonanz auf die marimekko Produkte?

Die ersten beiden Kleider wurden schon aus den Kartons verkauft, bevor sie den Weg auf den marimekko-Bügel gefunden haben. Ganz offensichtlich passt die Mode ins Belgische Viertel.

Wie oft stehen Sie selbst quasi „hinter der Ladentheke“?

Leider viel zu selten. Immer mal wieder samstags für ein oder zwei Stunden. Um so wichtiger aber das sichere Gefühl, mit der Mannschaft des Siebten Himmels, die aus drei Vollzeitkräften und den beiden studentischen Aushilfen besteht, einen echten Glücksgriff gemacht zu haben. Hier paart sich hohe fachliche Kompetenz mit absoluter Begeisterung für das, was zu tun ist: Menschen mit schönen Produkten zum Verweilen, zum Hingreifen und zum Kauf zu verführen.

Was dürfen wir für 2014 erwarten?

Nach 3 ½ Monaten stehen wir erst ganz am Anfang. Wir müssen noch viel lernen, viel optimieren, immer wieder neu inszenieren. Es ist noch ein weiter Weg zum wirtschaftlichen Erfolg. Denn von der Anerkennung allein und der Zuneigung des Veedels kann ein solcher Laden nicht existieren. Es gilt, immer wieder neue Sortimente zusammenzustellen, immer wieder neue Themenwelten zu inszenieren, das Ganze mit ausgesuchten Veranstaltungen zu begleiten. Die Events des Viertels zur eigenen Profilschärfung zu nutzen und sich so fest ins Herz derjenigen zu schleichen, die das Besondere jenseits des Mainstreams suchen.